In zahlreichen Unternehmen wird Wissensmanagement betrieben. Verschiedene Wissensmanagement-Aktivitäten können aber auch im privaten Umfeld eingesetzt werden, z.B. in der Familie
„Wo ist unser Familienstammbuch?“ „Hast du mal die Adresse von dem Hautarzt oder dem Handwerker?“ „Kannst du mir mal bei Französisch helfen? Du warst doch im Auslandssemester in Paris.“ Alle diese Fragen kommen in Familien regelmäßig vor. Und all diese Fragen haben mit Wissen zu tun, das bei einzelnen Familienmitgliedern vorhanden ist. Wird dieses Wissen untereinander geteilt und verfügbar gemacht, können Information und Kommunikation verbessert und das Zusammenspiel innerhalb der Familie optimiert werden. Wie das geht, davon berichtet dieser Artikel.
Wissensmanagement in der Familie
Das Thema Wissensmanagement ist den meisten Personen nur aus dem unternehmerischen oder beruflichen Kontext bekannt. Aber auch im privaten Bereich gibt es Möglichkeiten Wissensmanagement einzusetzen. Familien haben oft einen umfangreichen Wissensschatz, den sie leider meistens nicht ausschöpfen. Sei es, um ihr tägliches Leben effektiver zu gestalten, den gemeinsamen Austausch zu fördern, oder aber alte Traditionen und Geschichten zu bewahren. Wissensmanagement kann dazu beitragen, das Know-how aller Familienmitglieder optimal zu nutzen.
Vorteile für Familien
Folgende Vorteile bietet Wissensmanagement in der Familie:
1. Verbesserung der Kommunikation und des Informationsaustauschs:
Im Rahmen des Wissensmanagement können wichtige Informationen wie Termine, Adressen, To-Do-Listen oder Einkaufslisten zentral gesammelt und für alle Familienmitglieder zugänglich gemacht werden. Dadurch wird sicher gestellt, dass alle Mitglieder der Familie auf dem gleichen Stand sind, und in unerwarteten Situationen wissen, wo sie benötigte Informationen finden.
2. Effizientere Organisation des Familienalltags
Wiederkehrende Aufgaben oder Abläufe und gleichbleibende Zuständigkeiten können klar definiert und dokumentiert werden. Dies spart Zeit und reduziert Stress im hektischen Familienalltag.
3. Erleichterung der Zusammenarbeit
Stehen alle benötigten Informationen allen Familienmitgliedern zur Verfügung, fördert dies die Zusammenarbeit innerhalb der Familie bei gemeinsamen Planungen. Ereignisse, wie z.B. Familienfeiern oder Urlaubsreisen können besser geplant werden, wenn alle Beteiligten auf dem gleichen Stand und Informationen zu früheren, ähnlichen Ereignissen vorhanden sind.
4. Verbesserung der Problemlösungskompetenz
Werden Erfahrungen und Lösungsansätze für gelöste Probleme im Familienalltag dokumentiert, kann die Familie bei wiederkehrenden Problemen auf die bewährten Lösungen zurückgreifen. Die Dokumentation dieser Erfahrungen und Lösungsansätzen kann somit die Problemlösungskompetenz der gesamten Familie stärken.
5. Förderung des lebenslangen Lernens
Wird lebenslange Lernen von Kleinauf gefördert, besteht später eine größere Motivation darin zu wachsen und sich kontinuierlich weiterzubilden. Ein familieninternes Wissensmanagement kann daher das lebenslange Lernen aller Familienmitglieder fördern. Eltern können die Bildung ihrer Kinder gezielter planen, indem sie relevante Informationen und Ressourcen sammeln und bereitstellen. Lernmaterialien, Tipps und Erfahrungen können in der Familie geteilt werden.
6. Wissenserhalt für nachfolgende Generationen
Wissensmanagement hilft dabei, Familientraditionen und -Geschichten zu bewahren. Durch die Dokumentation von Traditionen, Geschichten und Erfahrungen wird sichergestellt, dass wertvolles Wissen nicht verloren geht, insbesondere wenn ältere Generationen nicht mehr da sind.
7. Stärkung der Identität
Werden Familiengeschichten und -traditionen dokumentiert und festgehalten, stärkt dies das Zugehörigkeitsgefühl und die Identität der Familienmitglieder. Insbesondere jüngere Generationen erhalten wertvolle Informationen darüber, wer sie sind und woher sie kommen.
8. Emotionale Unterstützung
Das Teilen von Wissen und der Austausch von Erfahrungen können emotionale Bindungen stärken und ein Gefühl der Unterstützung und des Verständnisses innerhalb der Familie fördern.
Wissensmanagement-Aktivitäten für Familien
Verschiedene Maßnahmen und Aktivitäten können eingesetzt werden, um das Know-how aller Familienmitglieder optimal zu nutzen:
1. Dokumentenverwaltung
Klassiker im Wissensmanagement ist die zentrale Verwaltung aller wichtigen Unterlagen, auf die jedes Familienmitglied Zugriff haben sollte. Dazu gehören z.B. wichtige Familiendokumente, wie das Stammbuch oder Geburtsurkunden, Finanzdokumente und Sparbücher, medizinische Dokumente, wie z.B. Krankenkassenkarten, Impfbücher, Bescheinigungen oder Röntgenaufnahmen, oder auch Versicherungsunterlagen. Dabei können die Unterlagen sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form vorliegen. Für gedruckte Unterlagen sollten feste Orte definiert werden, wo diese zu finden sind (z.B. Tresor oder Regal X). Digitale Dokumente und Dateien sollte auch an einem festgelegten digitalen Ort und nach einer vorgegebenen Struktur abgelegt werden, auf den jedes Familienmitglied Zugriff hat.
Technologien für digitale Dokumentenverwaltung: z.B. Cloud-Speicher wie MS OneDrive, Google Workspace, Dropbox oder Dracoon).
2. Adress- und Expertenverzeichnisse
Kontakt- und Adressdaten sind oft Informationen, die von mehreren Familienmitgliedern benötigt werden. Dazu gehören z.B. Adressen von Verwandten und Freunden, Ärzten und Therapeuten, Handwerkern, Kundenbetreuern oder Dienstleistern (z.B. Bank, Versicherung). Ein zentrales Adressverzeichnis für die ganze Familie ist daher sinnvoll, um alle Adressen zentral zu verzeichnen. Bei Bedarf kann das Adress-Verzeichnis auch in verschiedene Unterkategorien unterteilt werden.
Adressverzeichnisse können z.B. in MS Outlook, als Excel-Tabelle oder mit Word erstellt werden. Sie können sowohl in digitaler Form oder ausgedruckt an einer zentralen Wand aufgehängt werden.
3. Familienkalender
Gemeinsame (digitale) Kalender verbessern die Abstimmung von Terminen und die gegenseitige Information darüber, was beim den einzelnen Familienmitgliedern so ansteht.
4. Familien-Handbücher
Für wichtige Bereiche wie Haushaltsführung, Finanzen oder Gesundheit können Familien-Handbücher oder -Anleitungen erstellt werden, in denen genau festgehalten wird, was in einem konkreten Fall zu tun ist. Familien-Handbücher beinhalten alle wichtigen Informationen zu einem Bereich, sodass im Notfall andere Familienmitglieder darauf zugreifen können und handlungsfähig bleiben. Familien-Handbücher dienen somit der Wissens-Teilung und Verteilung.
5. Gemeinsames Lebenslanges Lernen
Wissenserwerb und Wissensentwicklung fördern das gemeinsame lebenslange Lernen. Gemeinsame Lernaktivitäten, wie z.B. ein Museumsbesuche oder die Teilnahme an Workshops und Veranstaltungen, erweitern den Wissenshorizont der gesamten Familie. Daneben sollten alle Familienmitglieder zur individuellen Weiterbildung ermutigt werden. Werden den einzelnen Mitgliedern auch noch die Möglichkeit geboten, dass neu erworbenes Wissen in der Familie zu teilen und anzuwenden, profitieren alle von der Weiterbildung des einzelnen Familienmitglieds. Darüber hinaus können jüngere Familienmitglieder durch Mentoring von älteren Familienmitglieder gefördert werden. Dadurch erfolgt ein generationsübergreifender Wissenstransfer.
6. Wissensbewahrung für spätere Generationen:
Eine besondere Form von Wissen sind die ganzen Geschichten und Traditionen, die es in jeder Familie gibt. Es handelt sich dabei oft um sogenanntes implizites Wissen. Wissen, das nur in den Köpfen einzelner Personen vorhanden ist, und von Mund zu Mund von einer Gernation auf die nächste Übertragen wird. Um dieses spezielle Familienwissen für zukünftige Generationen zu dokumentieren und bewahren, gibt es verschiedene Methoden:
- Erstellen eines Familienstammbaums mit Hintergrundinformationen zu jedem Mitglied.
- Einrichtung eines digitalen Familienarchivs für wichtige Dokumente, Rezepte, Traditionen und Erinnerungen
- Erstellung eines Familien-Wikis zur Dokumentation von Erfahrungen und Tipps.
- Aufzeichnung von Familiengeschichten durch Interviews mit älteren Familienmitgliedern. Die Aufzeichnung kann schriftlich, als Audio- oder Video-Datei erfolgen.
- Sammlung und Digitalisierung von Familienfotos und -dokumenten.
Tools fürs Wissensmanagement
Folgende Werkzeuge unterstützen Familien bei Wissensmanagement-Aktivitäten:
- Für die digital Dokumentenablage eignen sich Cloud-Speicher, wie z.B. in MS OneDrive, Google Workspace, Dropbox oder Dracoon.
- Adress-Verzeichnisse können in Outlook, als Excel-Tabelle oder in Word erstellt werden.
- Für einfache Wikis eigenen sich Notiz-Apps, wie z.B. MS OneNote, Notion oder Evernote.
- Bei der Verwaltung von Aufgaben und zur Projektplanung (z.B. für Haushalts- oder Urlaubsplanung) sind die kostenlosen-Versionen von Programmen, wie z.B. MS Planner, Asana oder Trello hilfreich.
- Spezielle Familienapps, wie z.B. Family Wall oder Cozi bieten mehrere Funktionen zur gemeinsamen Wissensteilung, wie z.B. Familienkalender, gemeinsame Listen, Kontakte oder Fotogalerie.
Fazit
Ein gut strukturiertes Wissensmanagement in der Familie fördert nicht nur den Zusammenhalt und die Kommunikation, sondern kann auch dazu beitragen, dass wichtige Informationen und Erfahrungen effektiv genutzt werden und dauerhaft für alle Familienmitglieder zur Verfügung stehen.