Me, Myself & My Knowledge – Wissensmanagement für Selbstständige und Freiberufler

Vorlagen für die Angebots- und Rechnungserstellung; die gesammelte Fachliteratur, die für den nächsten Beitrag in der Fachzeitschrift oder dem eigenen Blog benötigt wird; die Kontaktdaten zum externen Experten oder Kooperationspartner, mit dem man in manchen Fällen zusammenarbeitet; Erfahrungen aus einem alten Projekt, die für einen aktuellen Auftrag genutzt werden können, und vieles mehr…

Wie wir an diesen Beispielen sehen, ist für viele Selbstständige, Freiberufler oder Solopreneure das eigene Know How die wichtigste Ressource. Dies trifft insbesondere auf wissensintensive Berufe, wie z.B. Unternehmensberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater zu. Um diesen Wissensschatz zu sichern und effizient nutzen zu können, ist Wissensmanagement erforderlich – auch als Selbstständige oder Freiberufler.

Das Wissen Selbstständigen und Freiberuflern lässt sich in unterschiedliche Wissensarten aufteilen:

Fachliches Know-how
Unter dem fachlichen Know-how werden das eigene Fachwissen und die Informationen, Dokumente und Dateien verstanden, die zu diesem Fachwissen gehören. Dies betrifft vor allem gedruckte und elektronische Fachliteratur, Fachinformationen, Zugänge zu Fachdatenbanken oder Internetquellen. Meist sammelt sich im Laufe der Jahre eine beträchtliche Sammlung an gedruckten und elektronischen Materialien, Internetlinks und eigenen erstellten Dokumenten zu Fachthemen an, die für die Arbeit wiederverwendet werden können – sei es wissenschaftliche / publizistische Arbeit oder Projektarbeit.

Organisatorisches Wissen
Auch als Solopreneur darf es einiger organisatorischer Standards, um die eigene Verwaltung nach einheitliche Regeln zu strukturieren. Erste Mittel sind meist die Verwendung von Vorlagen, Mustern oder Checklisten um wiederkehrende Tätigkeiten, wie z.B. das Erstellen von Angeboten oder Rechnungen einheitlich zu gestalten.

Kontakte und Netzwerke
Kontakte und Netzwerke werden häufig als Wissensquelle unterschätzt. Dabei sind gerade Selbstständige und Freiberufler auf ihre Beziehungen und ihr Netzwerk angewiesen. Im Rahmen des Wissensmanagements wird auch überprüft, auf welches Know-how Selbstständige aufgrund ihres persönlichen und beruflichen Netzwerkes zurückgreifen können, und wie sie sinnvoll ihr eigenes Netzwerk erweitern müssen, um auf weiters Expertenwissen von neuen Kooperationspartnern zugreifen zu können.

Wissen aus Projekten
Solopreneure arbeiten häufig auf Projekt- oder Auftragsbasis. Werden im klassischen Projektmanagement meist zu Projektende die Lessons Learned erfasst, kann es auch für Selbstständige und Freiberufler sinnvoll sein, nach jedem abgeschlossenen Projekt für sich selbst zu reflektieren, was gut lief und was verbessert werden kann. Die daraus gewonnen Erkenntnisse können für zukünftige Projekte genutzt werden.

Persönliche Weiterbildung und Wissensentwicklung
Zum Wissensmanagement gehört auch die Generierung von neuem Wissen. Dieses findet bei Einzelkämpfern durch eigene Fort- und Weiterbildung statt. Die eigene Weiterbildung und Wissensgenerierung strukturiert zu planen und dafür zu sorgen, dass man up to date bleibt, kann durch verschiedene Wissensmanagement-Aktivitäten und Maßnahmen begleitet werden.

Zahlreiche Vorteile bietet Wissensmanagement für Selbstständige und Freiberufler:

💎 Zeit- und Kostenersparnis
Systematisches Wissensmanagement führt zu einer Effizienzsteigerung. Alle benötigten Informationen werden schnell gefunden. Dadurch werden Zeit und Kosten gespart.

💎 Vermeidung von Doppelarbeit
Auch für Einzelkämpfer und sehr kleine Teams lohnt es sich, Wissen in Form von Vorlagen, Muster oder Checklisten fest zuhalten. Der einmalige Aufwand für die Erstellung der Vorlagen verspricht eine Reduzierung des Arbeitsaufwands bei jeder weiteren Nutzung. Erfasstes und dokumentiertes Wissen kann dadurch mehrfach genutzt werden. Das vermeidet doppelte Arbeit und führt wiederum auch zu Zeitersparnis.

💎 Standardisierung von Abläufen
Einheitliche Arbeitsabläufe und Prozesse mit der Nutzung von Standard-Vorlagen sorgen für gleichbleibende Qualität der Arbeitsergebnisse. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden.

💎 Qualitätsverbesserung
Gleichbleibende gute Qualität ist ein wichtiger Garant für Kundenzufriedenheit. Durch einheitliche Prozesse und standardisierte Vorlagen wird dies verbessert. Kontinuierliche Verbesserung der eigenen Wissensmanagement-Aktivitäten führt zusätzlich zu regelmäßiger Steigerung der Qualität.

💎 Effektiveres Beziehungsmanagement
Das eigene Netzwerk ist für viele Selbstständige Gold wert. Mithilfe von Wissensmanagement-Maßnahmen können eigene Kontakte strukturiert erfasst und besser genutzt werden. Der systematische Aufbau und Pflege des eigenen Netzwerkes helfen Beziehungen zu stärken und eine langfristige Bindung aufzubauen.

💎 Zufriedene Kunden durch schnelleren Know-how-Abruf
Viele Freiberufler und Selbstständige leben von ihrem Know-how. Kann dieses bei Bedarf schnell abgerufen und den Kunden zur Verfügung gestellt werden, sind diese zufrieden über die schnelle und professionelle Arbeit.

💎 Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Gerade Selbstständige und Freiberufler müssen oft gegen viel größere Mitbewerber antreten. Durch effizientes Arbeiten bei gleichbleibend hoher Qualität aufgrund der verschiedenen Wissensmanagement-Aktivitäten, wird die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert.

💎 Schnellere Einarbeitung bei Wachstum
Sollte man als Einzelkämpfer oder als Selbstständiger mit einem kleinen Team zu dem Entschluss kommen, doch noch zu wachsen und Personal einzustellen, helfen die bereits getroffenen Wissensmanagement-Maßnahmen bei einer schnelleren Einarbeitung.

Wissensmanagement baut sich nicht in einem Tag auf, sondern erfolgt nach und nach. Hier sind die ersten Schritte, um mit Wissensmanagemen zu starten:

1. Wissensziele
Im ersten Schritt werden die Ziele für das eigene Wissensmanagement festgelegt. Was soll mit Wissensmanagement erreicht werden und wird es dazu beitragen die Selbstständigkeit zu fördern?

2. Bestandsaufnahme: Wissensaudit
Im Anschluss wird überprüft, was an Wissen bereits vorhanden ist und in welcher Form es vorliegt. Eine Übersicht über Dokumente und Dateien wird erstellt, Ablageorte und Zugänge zu externe Quellen werden erfasst, Kontakte werden gesichtet und das eigene Projekt-Management wird auf den Prüfstand gestellt.

3. Organisation von Dokumenten und Dateien
Im nächsten Schritt werden alle Dokumente und Dateien gesammelt und an einen zentralen Ablageort abgelegt. Einheitliche Ablagestrukturen werden festgelegt und diese auch dokumentiert.

4. Erstellung Vorlagen, Muster und Checklisten
Zunächst wird überprüft, welche Vorlagen, Muster und Checklisten bereits vorhanden sind. Danach kann überlegt werden, zu welchen Tätigkeiten und Abläufen weitere Vorlagen und Checklisten benötigt werden. Hilfreich ist es auch, die wichtigsten Arbeitsabläufe und Prozesse zu visualisieren, und so Standardprozesse festzulegen.

5. Kontakte organisieren und Pflegen
Eine Bestandsaufnahme der bestehenden Kontakte und Kontaktdaten wird durchgeführt und in einem zentralen Verzeichnis abgelegt. Sind alle Kontaktdaten noch aktuell?
Im Anschluss können die Kontakte daraufhin überprüft werden, welche von ihnen intensiviert werden, und zu welchen Themen noch gezielt Kontakte geknüpft und aufgebaut werden sollen. Gleichzeitig werden die Netzwerke und Vereinigungen, in denen man involviert ist, überprüft. Hilfreich sind dabei die folgenden Fragen: In welchen Netzwerken, Vereinen und Verbänden bin ich aktiv? Wie kann ich mich dort aktiv beteiligen? Welche Netzwerke und Vereinigung wären für die Tätigkeit auch noch relevant?

6. Lessons Learned aus Projekten
Eine Liste der eigenen, abgeschlossenen Projekte wird erstellt. In ihr werden wichtige Projekt-Details, wie z.B. Name des Kunden, Ansprechpartner, Projektname, Projektdetails, oder die eigene Tätigkeit, festgehalten. Auch eine persönliche Einschätzung zum Projekt wird in die Liste eingetragen (z.B. Was lief gut? Was hätte besser laufen können? Learnings fürs nächste Mal; sonstige Erkenntnisse).
Um den Aufwand technisch möglichst gering zu halten, ist für den Anfang die Erstellung einer einfachen Excel-Tabelle völlig ausreichend.

7. Die eigene Wissensentwicklung organisieren
Schließlich wird die Generierung weiteren Wissens geplant. Fähigkeiten und Skills, die aufgebaut oder vertieft werden sollen, werden ermittelt, und Weiterbildungsmaßnahmen überlegt. Gleichzeitig wird überprüft, welche Fachliteratur, Zeitschriften, Newsletter regelmäßig gelesen werden sollen, und welche Fachveranstaltungen ebenfalls zum Wissenserwerb genutzt werden können.

Bei all diesen Aktivitäten und Maßnahmen kann schnell die Frage aufkommen: „Wie soll ich das alles schaffen? Ich habe eh schon so viel zu tun!“ Daher hier ein kleiner Extratipp:
Reservieren Sie sich jede Woche eine Zeit-Slot von 1-2 Stunden in Ihrem Terminkalender, den Sie für ihr Wissensmanagement nutzen. Erstellen Sie in dieser Zeit Vorlagen, Muster oder Checklisten. Pflegen Sie ihre Kontakte oder recherchieren Sie nach potenziellen neuen Kontakten zur systematischen Erweiterung Ihres Netzwerkes.

Wissensmanagement eignet sich nicht nur für größere Organisationen, sondern ist auch für Selbstständige und Freiberufler sinnvoll. Wissen kann so strukturiert gesammelt und am Point of Need genutzt werden. Ein systematisches Wissensmanagement hilft dabei, Strukturen und Abläufe zu vereinheitlichen, und eine gleichbleibende Qualität zu ermöglichen. Dadurch trägt Wissensmanagement zur Effizienzsteigerung bei und spart Selbstständigen und Freiberuflern Zeit und Kosten.


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