Innovative Produkte und Dienstleistungen, die den Anforderungen und Bedürfnissen ihrer Nutzenden entsprechen. Das verspricht Design Thinking. Wir erklären, was es mit diesem Innovations-Ansatz auf sich hat.
Gelegentlich geschieht es, dass wir Neuerungen und Erfindungen auf dem Markt sehen, die so ungewöhnlich sind, dass wir denken: „Wer soll das denn nutzen?“. Immer wieder werden Produkte und Dienstleistungen entwickelt, die leider an den Bedarfen der Kunden vorbei gehen und daher nicht vom Markt angenommen werden. Sie werden zu einem Flop.
Die Akzeptanz durch den Markt ist aber genau das, was den feinen Unterschied zwischen einer reinen Invention (Erfindung) und einer richtigen Innovation ausmacht. Der Schlüssel liegt hier in der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die direkt an die Bedarfe der Nutzenden ausgerichtet sind. Man spricht hier auch von „Nutzerzentrierung“ oder „Kundenzentrierung“. Ein populärer Ansatz zur Entwicklung von nutzerzentrierten Produkten und Dienstleistungen ist das Design Thinking. Der folgende Beitrag soll näher in diesen beliebten Innovations-Ansatz einführen.
Was ist Design Thinking?
Design Thinking ist ein systematischer Ansatz zur Entwicklung innovativer Ideen und zum Lösen von Problemen. Die Besonderheit des Design Thinkings besteht in der nutzerzentrierten Herangehensweise. Die Nutzenden und Kunden stehen dabei im Fokus. Ihre Bedarfe, Wünsche und Anforderungen werden bereits in einer frühen Phase ausführlich ermittelt, und in die Ideenentwicklung mit einbezogen. Dies steigert die Akzeptanz der Neuerung durch die User erheblich.
Design Thinking wurde von den Stanford-Professoren Terry Winograd, Larry Leifer und David Kelley entwickelt und vertreten. Insbesondere David Kelley, Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO gilt als „Vater“ des Design Thinkings.
Phasen im Design Thinking
Design Thinking-Projekte werden auch als „Design Challanges“ bezeichnet. Jeder Ablauf einer Design Challenge erfolgt nach dem gleichen Prozess und in mehreren verschiedenen Phasen. Einzelne Phasen können sich iterativ in Form von Feedbackschleifen wiederholen. Dies bedeutet, dass von jeder Phase aus zu einer früheren Phase zurückgekehrt werden kann, um mit neuen Erkenntnissen kontinuierlich kleine Verbesserungen an der Neuentwicklung vorzunehmen.
Der Design-Thinking-Prozess gliedert sich in folgende Phasen:
- Verstehen
- Beobachten
- Sichtweisen definieren
- Ideen finden
- Prototypen entwickeln
- Testen
Design Thinking-Prozess
1. Verstehen (Understand):
In der ersten Phase macht sich das Design-Team mit der Design Challange und dem eigentliche Problem vertraut. Es gilt nicht nur die eigentliche Aufgabe zu erfassen, sondern auch ein Verständnis für den Hintergrund, Gründe und Ziele des Innovationsvorhabens zu erlangen. Im Rahmen dieser Phase wird die Kernfrage als sogenanntes „Problem Statement“ definiert.
2. Beobachten (Observe):
Die Beobachtungs-Phase ist diejenige Phase, in der sich sehr intensiv mit den Nutzenden auseinandergesetzt wird. Es geht darum, möglichst viele Informationen über die Nutzenden, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Schmerzpunkte zu erfahren. Dafür werden mehrere verschiedene Methoden eingesetzt, um möglichst viele Perspektiven der Nutzersicht zu erfassen. Dies können zum einen Interviews, Beobachtungen, Rollenspiele, Marktforschung oder Internetrecherchen sein. Darüber hinaus werden noch Kreativitäts- und Innovationstechniken, wie z.B. Personas, Customer Journeys, Empathy Maps oder die AEIOU-Methode eingesetz.
3. Standpunkte definieren (Define):
Wurden die verschiedenen Erkenntnisse zu den Nutzenden gesammelt und vorgestellt, werden diese im nächsten Schritt zusammengeführt und geclustert. Danach findet eine Bewertung der Ergebnisse aus den Beobachtungen statt. Die Sichtweise des Teams auf das Problem wird definiert und Standpunkte festgelegt. Dadurch wird die Design Challenge noch einmal präziser mit Fokus auf die Nutzenden formuliert. Diese Definition bildet dann den Start für die Lösungsfindung.
4. Ideen finden (Ideate):
Basierend auf die Standpunkt-Definition sollen in der Ideenfindungsphase möglichst viele unterschiedliche Ideen generiert werden. Klassische Methode zur Ideengenerierung ist das Brainstorming in seinen verschiedene Varianten. Eine Bewertung der Ideen erfolgt aber erst im nächsten Schritt. Die Ideen werden dann besprochen geclustert und ausgewertet. Oft findet die anschließende Ideenauswahl in Form von Abstimmung im Team ab. Die Ideenauswahl wird z.B. durch Methoden wie Punktbewertung oder Entscheidungsmatrix getroffen.
5. Prototypen entwickeln (Prototype):
Wurden die umzusetzenden Ideen ausgewählt, werden diese in dem folgenden Schritt in Form von schnellen ersten Prototypen umgesetzt. Dabei geht es zunächst einmal noch nicht darum einen fertigen Prototypen zu erstellen. Es reicht erst einmal aus, nur Minimalanforderungen umzusetzten – also ein Minimum Viable Product (MVP) zu erstellen, um einzelne Funktionen oder Erfahrungen zu testen.
6. Testen:
Die Testphase steht im engen Zusammenhang zum Prototyping. Hier werden die jeweiligen Prototypen getestet und überprüft. Die Erkenntnisse zu möglichen Fehlern und Verbesserungen werden gesammelt, und dann wieder zurück in frühere Phasen gegeben.
Design Thinking verfolgt einen interativen Ansatz, bei dem einzelnen Phasen mehrmals durchgeführt und widerholt werden, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wurde. Das bedeutet, dass nicht zwingend jede Verbesserung direkt in dem Prototyp übernommen wird. Wenn beim Testen festgestellt werden sollte, dass z.B. weitere Hintergrundinformationen zu den Nutzenden benötigt werden, oder neue Ideen aufkommen, kann es geschehen, dass noch einmal in die Beobachtungs-Phase oder Ideate-Phase gewechselt wird.
Vorteile Design Thinking
Design Thinking bietet zahlreiche Vorteile für Innovationsvorhaben:
1. Lösungen am Bedarf der Nutzenden
Durch den nutzerzentrierten Ansatz werden die Entwicklungen direkt an den Bedarfen der Kunden und Nutzenden ausgerichtet. Dadurch wird die Akzeptanz durch den Markt erheblich erhöht und die Kundenzufriedenheit maßgeblich gesteigert.
2. Höheres Ideenpotenzial
Die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams fördert die Generierung von mehr Ideen und Lösungsansätzen. Diese können teils auch sehr ungewöhnlich sein.
3. Schnelle Erkenntnis über Erfolg und Scheitern
Durch die schnelle Entwicklung von Prototypen und kontinuierlichen Tests können Ideen frühzeitig validiert und ggfs. angepasst werden. Man erhält somit ein schnelles Feedback, ob die Idee erfolgreich ist, oder ein Flop. Das spart Zeit und Kosten.
4. Kontinuierliche Verbesserung
Durch den iterativen Ansatz findet bereits bei der Entwicklung der Neuerung eine kontinuierliche Verbesserung statt. Anstatt direkt ein perfektes Produkt anzubieten, wird ein Minimum Viable Product (MVP) angeboten, dass in mehreren Iterationen optimiert wird. Dies steigert kontinuierlich die Qualität der entwickelten Neuerung.
5. Flexibilität
Aufgrund des agilen Ansatzes und der verschiedenen Feedback-Schleifen kann auf Veränderung und neuen Erkenntnissen flexibel reagiert werden.
6. Einbeziehung von Kunden durch Co-Creation
Design Thinking bietet sich auch insbesondere für Co-Creation mit Kunden und Nutzenden an. Dadurch fühlen sich diese besser mitgenommen und können sich mit entwickelten Lösungen stärker identifizieren.
Erfolgsfaktoren im Design Thinking
Damit Design Thinking erfolgreich in Organisationen eingesetzt werden kann, sind folgende Faktoren erforderlich:
Der Mensch im Fokus
Design Thinking ist ein nutzerzentrierter Ansatz, bei dem die tatsächlichen Bedarfe der Menschen im Fokus stehen. Die Nutzenden mit ihren Bedürfnissen, Möglichkeiten, Know-how und Erfahrungen sind der Ausgangspunkt für die einzelnen Vorhaben.
Tools & Methoden
Für jede Phase im Design-Zyklus gibt es mehrere mögliche Methoden und Tools, die genutzt werden können. Da jede Design-Challenge einzigartig ist, müssen auch für jede Challenge die eingesetzten Methoden individuell ausgewählt und auf das Vorhaben abgestimmt werden.
Das Problem erfassen
Startpunkt eines jeden Design Thinking-Prozesses ist die Erkenntnis für das eigentlich Problem der Nutzenden. Bevor eine Lösung gefunden werden kann, muss das Team das Problem mit seinen Hintergründen verstanden und sich genauer damit auseinandergesetzt haben.
Interdisziplinäre Teams
Design Thinking lebt von viele unterschiedlichen Ideen und Sichtweisen. Diverse Teams, die sich aus Mitgliedern mit verschiedenen Kompetenzen, Fachwissen und Erfahrungen zusammen setzen, fördern die Generierung von ungewöhnlichen Ideen und Lösungsansätzen im Kreativitätsprozess.
Fokus auf den Design Prozess
Gute Planung ist auch im Design Thinking wichtig. Alle Team-Mitglieder müssen stets wissen, in welcher Phase sie sich gerade befinden, was die aktuellen Ziele sind und welche Methoden verwendet werden.
Experimente und Prototypen
Schnelles Experimentieren und Rapid Prototyping gibt schnelle Erkenntnisse, ob Lösungen sinnvoll sind. Minimum Viable Products reichen oftmals fürs erste Feedback aus. Dies spart Zeit und Kosten.
Done is better than perfect
Design Thinking ist eine agile Methode. Anstatt lange zu planen und zu überlegen, gilt es einfach Dinge zu machen und auszuprobieren.
Exkurs Legal Design
In manche Disziplin haben sich fachbezogene Ableitungen vom Design Thinking entwickelt. Im juristischen Bereich ist es zum Beispiel das „Legal Design“. Unter Legal Design wird die Verbindung von Recht und Design verstanden. Mithilfe von Legal Design sollen juristische Inhalte, Angebote, Dienstleistungen und Prozesse so gestaltet werden, dass Nutzende – mit und ohne juristischem Hintergrund – diese verstehen und nutzen können.
Fazit
Design Thinking ist eine der beliebtesten und erfolgreichsten Ansätze zur Lösungsfindung und Entwicklung von Innovationen. Die konkrete Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Nutzenden sorgt für eine hohe Marktakzeptanz der entwickelten Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle. Durch die agile Arbeitsweise können Unternehmen flexibel auf geänderte Anforderungen und Rahmenbedingungen reagieren und so erfolgreich ihre Zukunft planen. Unternehmen, die Design Thinking einsetzen, stärken so ihre Innovationskraft.